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Kleinbauernfamilien und Beschäftigte in den Mittelpunkt der Gesetzgebung für die Einhaltung der Sorgfaltspflicht stellen

In einem offenen Brief fordern FAIRTRADE-Kleinbauernfamilien und Arbeiter*innen - unterstützt von Unternehmen - eine wirksames und strenges Lieferkettengesetz und bitten die Europäische Union, ihre Stimmen und Bedürfnisse in die Verhandlungen einzubeziehen.

© CLAC/ Adriana Valle

Die Rechte von Millionen Kleinbauernfamilien und Beschäftigten bleiben bis heute unerfüllt, auch wenn die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte vor über 70 Jahren geschaffen wurde. Menschenrechts- und Umweltverletzungen sind in landwirtschaftlichen Lieferketten immer noch weitverbreitet und Gesetze zur Bekämpfung dieser Verletzungen sind von entscheidender Bedeutung.  Unterstützt von Wirtschaftsunternehmen fordern FAIRTRADE-Kleinbäuer*innen und -Beschäftigte in einem offenen Brief wirksame und starke Gesetze zur Sorgfaltspflicht und ersuchen die Europäische Union, ihre Stimmen und Bedürfnisse in die Verhandlungen einzubeziehen.

Trotz starker freiwilliger Initiativen wie FAIRTRADE sind Gesetze notwendig, um sicherzustellen, dass ganze Lieferketten gemeinsam Verantwortung für Menschen- und Umweltrechte übernehmen.

Die positive Nachricht ist, dass viele Entwicklungen in diese Richtung gehen. So hat die Europäische Kommission kürzlich ihren Vorschlag für ein umfassendes Gesetz zu den unternehmerischen Sorgfaltspflichten für Menschenrechte und Umwelt vorgelegt.

Die große Frage ist, ob die vorgeschlagene Ausgestaltung der Sorgfaltspflichtgesetze tatsächlich zu positiven Auswirkungen für Kleinbauernfamilien und Arbeiter*innen führen wird.

Obwohl der europäische Vorschlag einen guten Ausgangspunkt für Verhandlungen darstellt, muss er noch nachgebessert werden. Das vorgeschlagene Gesetz stützt sich stark auf vertragliche Zusicherungen (z. B. Verhaltenskodexe), die es führenden Unternehmen erleichtern, die Verantwortung in der Kette nach unten zu verlagern, anstatt die Rolle ihrer eigenen Einkaufspraktiken bezüglich menschlicher und ökologischer Risiken und Verstöße zu hinterfragen. Außerdem soll die Richtlinie Käufer nicht ermutigen, Geschäftsbeziehungen zu beenden, wenn Probleme entdeckt werden, sondern den Dialog und die Zusammenarbeit mit den Lieferanten suchen.

Kleinbauernfamilien und Arbeiter*innen sind innerhalb der globalen Lieferketten am stärksten gefährdet, was die Machtverhältnisse und den Anteil an der Wertschöpfung angeht. Deshalb haben FAIRTRADE-zertifizierte Produzentenorganisationen einen Brief geschrieben, in dem sie die Europäische Union auffordern, ihre Interessen in den Mittelpunkt der Sorgfaltspflichtgesetzgebung zu stellen.

„Der Dialog mit den von Geschäftspraktiken negativ betroffenen Menschen ist ein grundlegendes Prinzip der menschenrechtlichen und umweltbezogenen Sorgfaltspflicht. Wir als Rechteinhaber wollen, dass unsere Stimmen gehört werden“, heißt es in einem Auszug.

Mehr als 270 Produzentenorganisationen aus Lateinamerika, Afrika und Asien haben das Schreiben unterzeichnet, das den politischen Vertreter*innen der EU am 25. Mai 2022 zugesandt wurde. Über 40 Unternehmen unterstützen ihre Botschaft.

Die Produzentenorganisationen erklären, dass ihre Rechte unter Druck bleiben, solange die Gesetzgebung nicht sicherstellt, dass Kleinbauernfamilien und Beschäftigte ein existenzsicherndes Einkommen erzielen können. Schlimmer noch, wenn die HREDD-Gesetzgebung und die Praktiken der einkaufenden Unternehmen zu zusätzlichen Kosten führen, die vollständig von den Produzent*innen getragen werden müssen, könnten viele von ihnen diese Anforderungen nicht erfüllen und von den Märkten verdrängt werden, was sich negativ auf die Rechte von Kleinbäuer*innen, Arbeiter*innen und deren Familien auswirkt. Kleinbauernfamilien können Menschenrechts- und Umweltprobleme nur angehen, wenn Unternehmen die Kosten der Einhaltung teilen, die es ihnen ermöglichen, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen.

Wie von den Menschen im Ursprung gefordert, sollte die Gesetzgebung daher folgende Punkte berücksichtigen:

  • Sorgfaltspflicht muss für alle Unternehmen in der gesamten Lieferkette gelten;
  • Förderung von Zusammenarbeit und Kostenteilung;
  • Verpflichtung von Unternehmen, ihre Einkaufs- und Handelspraktiken zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen;
  • Fokus auf existenzsichernde Einkommen und Löhne;
  • Ermöglichung der sinnvollen Einbindung und aktive Zusammenarbeit der Interessengruppen mit Kleinbauernfamilien und Beschäftigten in jedem Schritt des Prozesses;
  • Vermeidung von übereilten Maßnahmen und Förderung der langfristigen Zusammenarbeit.

Die Gesetzgebung sollte damit beginnen, dass die Notwendigkeit der Einhaltung dieser Forderungen erkannt und festgestellt wird, aber auch die eigentlichen Ursachen anerkannt werden. Es sollte Unternehmen verpflichten, die schwerwiegendsten Probleme in Bezug auf Menschenrechte und Umweltschutz anzugehen und gleichzeitig mit den Rechteinhabern zusammenzuarbeiten. Mehr Anforderungen und verbindliche Rechtsvorschriften führen nicht automatisch zu wesentlichen Verbesserungen der Menschenrechte vor Ort.

Die oben genannten Elemente, die Zusammenarbeit in der Lieferkette und ein sinnvoller Dialog sind notwendig, um echte Wirkungen zu erzielen.  Jeder nimmt eine Rolle ein, und aus legislativer Sicht liegt es nun an den politischen Vertreter*innen Beamten der Europäischen Union, diesen Gesetzesvorschlag weiter auszubauen, um konkrete Auswirkungen auf die Lebensgrundlagen der Erzeuger*innen sicherzustellen.

 

Lesen Sie hier die deutsche Übersetzung des offenen Briefs

 

Um diese Forderungen in konkrete Gesetzesvorschläge umzusetzen, haben Fairtrade International, das Fair Trade Advocacy Office (FTAO), die Rainforest Alliance und Solidaridad ein kurzes Policy Paper erstellt: 

Lesen Sie hier unsere Empfehlungen zum Lieferkettengesetz (englisch)

 

Hier geht's zum Newsbeitrag von FAIRTRADE International